Pressemitteilung
ÖDP Brandenburg kritisiert: Ursache für Oder Massensterben wohl schon länger bekannt
„Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann.“ (Weissagung der Cree)
Das Massensterben entlang der Oder nimmt katastrophale Ausmaße an: Rund 500 Kilometer Flusslauf sind betroffen. Die Umweltschäden sind enorm. Allein 100 Tonnen Fisch sollen laut BUND-Gewässerexperte Sascha Maier in den vergangenen Tagen im Grenzfluss verendet sein. Dabei sind endgültige Opferzahlen von anderen Tierarten noch gar nicht absehbar. Besonders betroffen sind sicherlich Vögel. So ist der Fisch die einzige Mahlzeit des Fischadlers. Besonders betroffen dürfte der Schwarzmilan sein, der kranke und tote Fische an der Wasseroberfläche abgreift. Fische stehen aber ebenso auf dem Speisezettel von Eistaucher, Kormoran, Reihern und Kranichen. Das sind nur einige der stark betroffenen Vogelarten. Dazu kommen noch andere Wildtiere, die das vergiftete Wasser trinken oder totes Aas verwerten.
Die erst seit 2018 existierende polnische Wasserbehörde – das hat sie selbst eingestanden – wusste seit Ende Juli über erste Funde toter Fische Bescheid. Reagiert hat sie darauf zunächst aber praktisch gar nicht. Dennoch wird von deutscher Seite noch mit viel zu viel Rücksicht auf Industrie und polnischer Regierung ermittelt, die bereits seit Ende Juli von der Vergiftung wissen. Unverständlich ist auch, dass der womögliche Verursacher scheinbar schon länger bekannt ist“, kritisiert Thomas Löb, Landesvorsitzender der ÖDP Brandenburg.
Der Ökologisch-Demokratischen Partei wurde zudem der Bericht "Dies zeigt die Hilflosigkeit des Systems, in dem wir derzeit leben" der polnischen Bürgerinitiative "Wszystko dla Oławy“ (Alles für Olawa) zugespielt. Die BI hatte diesen schon im Februar veröffentlicht und kritisiert bis heute die anhaltenden Umweltstraftaten in der Altpapieraufbereitungsanlage Jack-Pol in ihrer Stadt Oława in der Woiwodschaft Niederschlesien unweit der Oder Metropole Wrocław. Sie werfen dem umstrittenen, ortsansässigen Unternehmen vor seit vielen Jahren tonnenweise Abfälle aus der Produktion von Zellulose in die Oder einzuleiten. Nach den uns zugetragenen Informationen soll es wohl aktuell erneut zu geduldeten Einleitungen durch die Wasserbehörde Wody Polskie gekommen sein.
„Mit Sicherheit werden jetzt zahlreiche Lobbyisten ihre Arbeit verstärken, damit aus dem Massensterben in der Oder keine Gesetze entstehen, die möglicherweise die Gewinne ihrer Unternehmen verringern. Aus diesem Grund sind unabhängige Politiker gefragt, von Parteien, die sich nicht durch Firmenspenden finanzieren. Wir von der ÖDP lehnen seit unserer Gründung Firmenspenden ab, einzig die Linken haben durch uns ebenfalls Bedenken bekommen“, sagt Thomas Löb.
Umso mehr enttäuscht ist der Landesvorsitzende der Ökodemokraten von der Bundesregierung als auch von der Brandenburger Landesregierung, die ihren Unmut über fehlende Informationen aus Polen zu wenig bekräftigten und bisher kommunalen Kritikern aus den Reihen der polnischen Opposition keinerlei Gehör schenkten. Wie in örtlichen Gazetten nachlesbar, hatten sich schon mehrere polnische Kommunalpolitiker gemeinsam, darunter der Bürgermeister Breslaus, mit einer Beschwerde an ihre Regierung gewandt, dass örtliche Behörden zu spät informiert worden seien, dass von der Oder eine Gefahr für Anwohner ausgehe. Zudem werfen sie der PiS-Regierung vor ihnen immer mehr Kompetenzen entzogen zu haben. Da die rechtspopulistische Regierungspartei Polens sich aber schon seit geraumer Zeit im Wahlkampfmodus befindet, die absolute Macht für die Nationalwahl 2023 anstrebt, reagiert sie mitnichten der Aufklärung dienlich und mit erhoffter Transparenz. Sie handelt gar laut einem Kommentar vom 13.08. in der Süddeutschen Zeitung „nach Art autoritärer Regime: vertuschen und verschlimmern.“
So ist es dem ÖDP Landeschef Thomas Löb als offiziele Reaktion einfach zu schwach und nicht hinnehmbar, wenn von deutscher Regierungsseite, wie etwa von Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke allenfalls der Kommentar kommt: "Wir wissen bis jetzt nicht, was genau diese Vergiftungserscheinungen bei den Fischen verursacht hat". Und zugleich zugeben muss, dass die polnischen Angaben nur "kleckerweise" oder "überhaupt nicht" gekommen sind. Wenn Paul Ziemiak, Vorsitzende der Deutsch-Polnischen Parlamentariergruppe im Bundestag, eine lückenlose Aufklärung fordert, können wir dem nur zustimmen. Zugleich betont der CDU-Politiker, dass es hier „nicht um Schuldzuweisungen gehe, sondern darum, dieses gefährliche Umweltproblem zu lösen.“
„Wenn Ziemiak die Katastrophe herunterspielt, beschwichtigt, kommt bei mir der Verdacht auf, dass so verschärfende Gesetze verhindert werden sollen. Wir von der ÖDP fordern ein Ende von Industrien, die die Zukunft von Mensch und Tier gefährden“, betont Thomas Löb. Etwa wie Ziemiak äußerte sich auch Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne). Nach seiner Einschätzung gibt es für das Fischsterben mehr als nur eine Ursache. Die Dürre und die geringe Wasserführung hätten ziemlich sicher einen Anteil daran, so sei das gesamte Ökosystem der Oder geschädigt. „Die gleiche Situation entsteht gerade durch die Tesla Gigafactory in Grünheide. Einem Automobilwerk, dass in einem Trinkwasserschutzgebiet errichtet wurde, obwohl man den Plänen nach nie jenem konkreten Standortvorhaben aus ökologischen Gründen hätte zustimmen dürfen. Dass ausgerechnet Axel Vogel hierfür seine Zustimmung gab, zeigt deutlich, welche Bedeutung Umweltschutz bei den Grünen hat, wenn Konzerne die Umwelt zerstören“, kritisiert Thomas Löb.
Anhang: Auszug aus dem Bericht der Bürgerinitiative Wszystko dla Oławy
Bei der Zellstoff- und Papierherstellung werden riesige Mengen an Wasser und Energie verbraucht. Ein Nebenprodukt der Produktion ist Postzellulose-Zellstoff. Papierfabriken setzen auch viele schädliche Chemikalien in Wasser und Luft frei und produzieren Abfälle, die auf Mülldeponien landen. Theoretisch natürlich, denn im Fluss Olawa wandern seit Jahren Tonnen dieser Abfälle direkt in den zweitgrößten Fluss Polens. Die schädlichste Phase der Papierherstellung ist das Bleichen des Zellstoffs mit Chlorgas oder Chlorverbindungen, wodurch gefährliche chlororganische Schadstoffe in das Abwasser der Papierfabriken gelangen. Bei den hohen Temperaturen, die beim Bleichen herrschen, verwandeln sich organische Chlorverbindungen häufig in langlebige und hochgiftige Verbindungen, die so genannten Dioxine. Wie verschiedene Studien gezeigt haben, können diese Stoffe nicht nur in den Abwässern von Papierfabriken, sondern auch in den Papierprodukten selbst (einschließlich Körperpflegeprodukten wie Toilettenpapier und Taschentüchern) gefunden werden. Die gefährlichste Verbindung aus der Gruppe der Dioxine ist 2,3,7,8-TCDD. Es ist bereits in Spuren hochgiftig und kann zu Veränderungen des Immunsystems, Schädigung des Fötus, Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit und Schädigung der inneren Organe führen. Uns liegen auch bestätigte Informationen vor, dass bei diesem Prozess eine ganze Menge Quecksilber entsteht, das auch in die Umwelt gelangen kann.
Pressekontakt:
Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP)
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E-Mail: presse@oedp-brandenburg.de
Internet: www.oedp-brandenburg.de
Ansprechpartner: Thomas Löb, thomas.loeb@oedp.de
V.i.S.d.P.: Thomas Löb
Foto: Fischsterben an der Oder, Doreen Stecker